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WAS BEDEUTET EIGENTLICH …? BOXERMOTOR. WIR SPRECHEN ÜBER FASZINIERENDE TECHNOLOGIEN, DIE MAN IRGENDWIE KENNT, VON DENEN MAN ABER NICHT GENAU WEISS, WAS DAHINTERSTECKT. WIE ETWA DEN BOXERMOTOR, EINEN ECHTEN PORSCHE KLASSIKER, DER SCHON IM 356 GROSSE EMOTIONEN AUSGELÖST HAT – UND DEM 911 BIS HEUTE SEINEN CHARAKTER VERPASST. ABER WIE KOMMT DER „BOXER“ EIGENTLICH ZU SEINEM NAMEN? VORHANG AUF, RING FREI. Starten wir mit einem Loblied auf die deutsche Sprache, die bekanntlich sehr bildgewaltig sein kann und Wörter wie „Ingenieurskunst“ oder „Trockensumpfschmierung“ hervorgebracht hat. Der Boxermotor ist auch so eine wunderbare Schöpfung, die interessanterweise im Englischen nicht bekannt ist, dort nennt man die Bauform ganz nüchtern „horizontally opposed engine“. Immerhin kennzeichnet der englische Begriff ein wesentliches Merkmal des Boxermotors: Die Zylinder liegen einander horizontal (und paarweise) gegenüber, im Winkel von 180°. Sie sind nicht V-förmig angeordnet oder „stehend“ wie bei anderen gängigen Bauformen. Man kann sich also gut vorstellen, dass sich die Kolben des Viertaktmotors bewegen wie ein Boxer. Aber erst bei genauerem Hinsehen gelangen wir zu des Pudels – Pardon: zu des Boxers – Kern. Beim Boxermotor bewegen sich die Pleuelstangen, an denen die Kolbenpaare hängen, gegenläufig synchron, das heißt, sie befinden sich stets spiegelverkehrt in der gleichen Position. Sie fliegen also aufeinander zu (und voneinander weg) wie die Fäuste von 2 leidenschaftlichen Boxern, die im ewigen Kampf verbunden sind. Ein sehr poetisches Bild. Und ein überaus sportliches, denn sie tun das bis zu 10.000 Mal pro Minute. Aber was bringt das alles? Bekanntlich zeichnet sich ein Sportwagen durch seine flache Bauweise aus, allein schon wegen der Aerodynamik. Durch die kurze Baulänge, die geringe Höhe und den niedrigen Schwerpunkt lässt sich der Boxermotor tief und flach im Heck verbauen, also dort, wo er beim Elfer hingehört. Außerdem sorgen die flach liegenden Zylinder für einen vollständigen Ausgleich der Massenkräfte und damit für einen ruhigen, vibrationsarmen Motorlauf. Diese Vorteile manifestieren sich etwa beim 911 Carrera 4S in einem effizienten 6-Zylinder-Biturbo-Boxermotor, der aus 3,0 Litern Hubraum eine Leistung von 331 kW (450 PS) zieht und in nur 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Stark eben, wie ein Boxer. 911 Carrera 4S: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,1 – 10,2 l/100 km (WLTP); CO₂-Emissionen kombiniert: 253 – 231 g/km (WLTP); Stand 02/2023 PORSCHE SCHLÜSSELMOMENTE. Der 911 Targa gilt bei vielen als der schönste Porsche. Schon der Beiname „Targa“ hat einen mediterranen Klang und passt in seiner Bedeutung von „(Schutz-)Schild“ gut zum ersten Sicherheitscabriolet von 1965. Aber dann gibt es ja noch die legendäre Targa Florio, von der sich der Name ableitet. Für Porsche markiert sie einen Anfang. Das Langstreckenrennen wurde 1906 vom Unternehmer Vincenzo Florio gegründet und auf öffentlichen Bergstraßen Siziliens ausgetragen. Der anfänglich 148 Kilometer lange Rundkurs war gefährlich, die Pisten waren staubig, aber es war trotzdem (oder gerade deshalb) für viele Jahre das wichtigste Sportwagenrennen. In der ersten Jahrhunderthälfte wurde es von Bugatti, Alfa Romeo und Maserati dominiert. Und dann kam Porsche um die Kurve. Mit insgesamt 11 Siegen zwischen 1956 und 1973. Aber kein Triumph war so süß wie der erste. Denn vor dem 10. Juni 1956 waren die Zuffenhausener in der Sportwagenwelt weitgehend unbeachtet geblieben. Mit dem ersten Sieg aber änderte sich alles. Es war nichts weniger als der Kampf David gegen Goliath, der die Fachwelt aufhorchen ließ: Erstmals gelang es einem Fahrer, mit einem Fahrzeug der kleinen Rennklasse bis 2 Liter Hubraum die wesentlich leistungsstärkeren Wagen der größeren Hubraumkategorien bei einem international bedeutenden Rennen zu schlagen. Im Porsche 550 A Spyder deklassierte der Italiener Umberto Maglioli die Konkurrenz mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90,9 km/h und einem Vorsprung von fast 15 Minuten auf den Zweitplatzierten. Es war ein Husarenritt, denn Maglioli war allein unterwegs und wechselte sich nicht mit einem Teamkollegen am Steuer ab. Er muss die 720 Kilometer bis zur völligen Erschöpfung gefahren sein. Natürlich kam auch etwas Glück hinzu, denn ein aufgewirbelter Stein hatte ein Leck in den Tank des Mitfavoriten Piero Taruffi im Maserati geschlagen, der dadurch viel Zeit verlor. Aber nach 7 : 54 : 52 Stunden und 10 Runden war das Ziel erreicht. Dank der Zuverlässigkeit des Porsche musste Maglioli nur zum Auftanken an die Box fahren. Ob Porsche Rennleiter und Rennfahrer Fritz Huschke von Hanstein, der ursprünglich mitfahren wollte, begeistert war, oder ob er nach schwäbischer Manier statt gelobt lediglich nicht geschimpft hatte, ist nicht überliefert. Aber es war der Beginn einer Ära, in der sich Porsche mit kleinen Rennwagen erst den Respekt der Etablierten verdiente – und ihnen dann davonfuhr. In den Kreis der Großen stieß man endgültig 1970 vor, mit dem Porsche 917 und dem ersten Gesamtsieg in Le Mans. Aber das ist eine andere Geschichte. DIE PORSCHE HISTORIE IST EIN PUZZLE MIT MINDESTENS 911 TEILEN. DABEI IST JEDES EINZELTEIL BEDEUTSAM. DENN NUR ZUSAMMEN ERGIBT SICH EIN GROSSES, FACETTENREICHES BILD, DAS VIELFACH AUCH AUS GESCHICHTEN BESTEHT, DIE VERGESSEN SIND ODER UNTER EINER DICKEN STAUBDECKE VERBORGEN. ES SIND SCHLÜSSELMOMENTE, DIE WIR FÜR SIE ABGESTAUBT HABEN. DER ERSTE PORSCHE GESAMTSIEG BEI DER TARGA FLORIO 1956 WAR EINE SENSATION. 911 Targa Modelle: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,3 – 10,4 l/100 km (WLTP); CO₂-Emissionen kombiniert: 257 – 236 g/km (WLTP); Stand 02/2023 FASZINATION 25 24 TECHNOLOGIE

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